
My Vintage Books edition of the novel 'The Prague Cemetery' (2010). Italian author Umberto Eco (1932-2016) often deal with conspiracy theories, but this one is a darker read, being about the notorious so called 'Protocols of the Elders of Zion'
’24. März 1897 – Es bereitet mir eine gewisse Verlegenheit, mich ans Schreiben zu machen, als würde ich meine Seele entblößen, auf Anordnung – nein, Gott bewahre, sagen wir: auf Anraten – eines deutschen Juden…’ – Mit diesen Worten stellt sich der Ich-Erzähler in Umberto Ecos Roman ‘Der Friedhof in Prag’ (2010) vor. Die Story handelt von der Entstehung eines der berüchtigtsten Werke der Verschwörungsliteratur, dem antijüdischen Pamphlet ‘Die Protokolle der Weisen von Zion‘. Obwohl der 1903 erschienene Text ausgiebig erforscht wurde, ist der Autor – für den es viele Kandidaten gibt – bis heute ungeklärt Mit der Romanfigur Simonini versucht Umberto Eco, sich die Lebensgeschichte vom Autor der ‘Protokolle’ und deren Entstehung vorzustellen. Der Roman, im Bild ist meine englische Ausgabe, ist momentan als deutsches Hörbuch online. Link folgt am Ende des Posts. ‘Der Friedhof in Prag’ ist durchaus spannend und vor allem informativ geschrieben. Umberto Eco sagte in Interviews, dass bis auf die Figur Simone Simonini alle im Roman erwähnten Personen und Nachforschungen im Zusammenhang mit den ‘Protokollen’ auf Fakten beruhen. Wobei ein ausdrücklich linksliberaler Romanautor wie Eco, dessen Ziel es immer war, Verschwörungstheorien als Lügen zu entlarven, vor einem Dilemma steht: Wie kann er vermeiden, beim ausführlichen Schreiben über eine Verschwörungstheorie, genau diese Verschwörungstheorie erneut in die Welt zu setzen, weiter zu verbreiten und irgendwie faszinierend wirken zu lassen? Die Gegenstrategie, die Umberto Eco wählte, ist, die verschwörungsstiftende Hauptfigur Simonini zur vielleicht unsympathischsten Romanfigur aller Zeiten zu machen. Simonini ist im Roman ein Misanthrop, ein ultra-machiavellistischer Menschenhasser, der nicht nur Juden, sondern auch allen möglichen anderen Menschen und Religionen hasst. Dadurch vermeidet Eco es, dass Simonini als Identifikationsfigur oder Antiheld interpretiert werden kann. Nachteil dieser Strategie ist, dass Simonini dadurch Züge einer Klischeefigur bekommt, ein bisschen so wie hämisch lachende Bilderbuchbösewichte in Bond-Filmen, die von Zuschauern als bizarre Fantasiefigur wahrgenommen werden. Wobei man vergessen könnte, dass verhängnisvolle Ideen durchaus von Leuten stammen können, die im echten Leben rational, einfühlungsvoll und idealistisch wirken. Aber Umberto Eco (1932-2016) zählte, wohl nach der Devise ‘You can’t win’em all’, schon immer auf die Intelligenz seiner Leser.
‘Die Kommunisten haben den Gedanken verbreitet, dass die Religion das Opium des Volkes sei. Das stimmt, denn sie dient dazu, die Versuchungen der Untertanen zu zügeln, und wenn es die Religionen nicht gäbe, wären doppelt so viele Menschen auf den Barrikaden, während es in den Tagen der Kommune zu wenige waren, so dass man sie ohne viel Mühe erledigen konnte. Aber nachdem ich diesen österreichischen Doktor über der Vorteile der kolumbianischen Droge habe reden hören, würde ich sagen, dass die Religion auch das Kokain der Völker ist, denn sie treibt die Völker seit jeher zu Kriegen und Massakern an Ungläubigen, und das gilt für Christen, Muselmänner und andere Götzenanbeter’ (Simoninis Stimme im Roman ‘Der Friedhof in Prag’ 2010, von Umberto Eco )
Radiofeature zum Thema Hier eine Deutschlandfunk-Sendung von 2022 über die sog. ‘Protokolle der Weisen von Zion’. Eine Sendung von Kirsten Serup-Bilfeldt. Mitwirkende u. a. der Historiker Michael Hagemeister. In der Sendung wird auch erklärt, welche Rolle der Friedhof in Prag bei der angeblichen Verschwörung spielt.
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Roman als deutsches Hörbuch online Hier die Lesung Teil 1 von Umberto Ecos ‘Der Friedhof in Prag’ (2010). Hier Teil 2 und Teil 3 von insgesamt 3 Teilen. Sprecher sind Gert Heidenreich und Jens Wawrczeck
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