War sie schön oder nicht schön? Und was war das Geheimnis des Ausdrucks, der ihrem Blick diese fesselnde Macht verlieh? Deronda blickte auf eine junge Dame die in das Spiel am Roulettetisch vertieft war. Sie gewann. Mit ihren schmalen Finger, die in feinen hellgrauen Handschuhen steckten, setzte sie die Goldstücke die ihr zugeschoben wurden, wieder auf die gewinnende Farbe. Dann warf sie einen berechnend kalten Blick umher, der wirkte als ob sie ihre innere Freude verbergen wollte. Bei dieser Rundschau begegneten ihre Augen jedoch denen von Daniel Deronda, und sie fühlte mit Unbehagen dass er, statt seine Augen abzuwenden, wie sie es gewünscht hätte, seinen Blick auf ihr ruhen ließ. Ihr Einsatz ging verloren. Egal. Sie verfügte über eine ansehnliche Reserve. Gwendolen hatte an ihr Glück zu glauben begonnen, und andere hatten daran zu glauben begonnen.(Gekürzte Romanpassage)
Musik spielt übrigens eine wichtige Rolle im Roman. George Eliot erwähnt in Daniel Deronda (1876) mehrere spezifische Lieder, oftmals mit einem Bezug zur Handlung. Besonders eindrucksvoll finde ich die Passage in der Deronda mit einem Boot auf der Themse rudert und dabei Zeilen von Rossinis Oper Othello singt. Es ist Nessun maggior dolore, das Lied eines Gondoliere: ‘Che ricordarsi del tempo felice ne la miseria…’ Auf Deutsch: ‘Kein Schmerz ist größer, als sich im Elend an glückliche Zeiten zu erinnern’. Eine junge Frau namens Mirah, die am Ufer der Themse steht und im Begriff ist, Selbstmord zu begehen, hört wie Daniel das Lied singt. Dadurch gibt Daniel, ohne dass er sich dessen bewusst ist, der verzweifelten Frau eine Stimme. In diesem Moment entsteht eine Art telepathische Verbindung zwischen den beiden. Deronda rudert zurück und rettet Mirah im letzten Moment vor dem Ertrinken. Eine schicksalhafte Begegnung denn, wie sich später herausstellt, ist Mirah eine talentierte Sängerin und zudem die Person die Derondas Leben verändern wird.
George Eliot: ‘Daniel Deronda’ als BBC-Hörspiel von 1999 online Das BBC-Hörspiel mit Anna Chancellor (als Gwendolen Harleth), James Bryce (als Grandcourt), Michael Perceval-Maxwell (als Daniel Deronda), Joanna Tope (als Mrs Davilow), Finlay Welsh (als Klesmer), Lucy Patterson (als Mirah), Sarah Collier (als Baronin Langen), Sandy Neilson (als Sir Hugo), Katherine Igoe (als Catherine), Noreen Leighton (als Lydia, Simon Tait (als Lush), Gregor Powrie (als Rex), Mark McDonnell (als Mordecai), Gerda Stevenson (als Mrs Meyrick), Sarah Collier (als Mrs Arrowpoint), Steven McNicoll (als Ezra Cohen), Vivienne Dixon (als Leonara Alcharisi). Hörspielbearbeitung: Robert Forrest. Hier Teil 2 und Teil 3 von drei Teilen. Regie: Patrick Rayner
Film Hier ein Fan-Trailer für die BBC-Verfilmung Daniel Deronda (2002), Drehbuch: Andrew Davies. Mit Hugh Dancy, Romola Garai, Jodhi May…und Downton Abbeys Hugh Bonneville der diesmal den Bösewicht spielt. Produktion mit schöner Ausstattung…und schöner Musik, mitunter von Mozart, Beethoven und Mendelssohn
Radiofeature Eine WDR-Sendung vom Jahr 2019 über die britische Autorin George Eliot. Von Jutta Duhm-Heitzman. Redaktion: Hildegard Schulte. 15 Min. Ebenfalls online: Ein englisches BBC-Feature über Eliot
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